Erfolgsmodell „Babylotsin“ im GPR Klinikum

Die Geburt eines Kindes ist für die meisten Eltern ein überwältigendes Erlebnis. Es kann mit viel Freude, aber auch vielen Fragen, Befürchtungen oder Ängsten verbunden sein. Deshalb hat das GPR Klinikum 2018 die Stelle einer Babylotsin in Kooperation mit der Stadt Rüsselsheim und seinen Frühen Hilfen geschaffen, die durch Kaja Maiwert-Voß besetzt wurde. Sechs Jahre nach dem Start zieht das GPR Klinikum eine positive Bilanz.

Die studierte Sozialarbeiterin und Sozialpädagogin geht ihrer Arbeit unter der Leitung des projektverantwortlichen Chefarztes der Frauenklinik, Professor Dr. Eric Steiner, mit viel Herzblut nach und unterstützt Mütter und Väter bei den Herausforderungen des neuen Lebensabschnittes. Ihre Aufgabe ist es, Familien zu beraten und in die vorhandenen Netzwerke Frühe Hilfen zu „lotsen“. Ob Eltern die Unterstützung annehmen, bleibt dabei aber immer ihnen selbst überlassen.

Durch eine rasche Kontaktaufnahme sollen geeignete Unterstützungsangebote vermittelt und der Zugang zu diesen Angeboten vereinfacht werden. Dabei kann es um die Klärung von Formalitäten, die psychosoziale Unterstützung der Familie oder um Entlastungsangebote und das Wissen über passende Anlaufstellen gehen. Die Eltern erhalten konkrete Adressen, Namen und Telefonnummern der Ansprechpartner im Netzwerk der Frühen Hilfen. Unterstützt wird Frau Maiwert-Voß dabei durch Anja Lütgert, die nicht im direkten Kontakt mit den Eltern steht, aber der Babylotsin eine Vielzahl administrativer Aufgaben abnimmt, um sie zu entlasten und dadurch einen engeren Kontakt und eine intensivere Betreuung zu ermöglichen.

Mitte 2018 ging das Programm in die Pilotphase, und als das Programm 2019 Fahrt aufgenommen hatte, verzeichnete die Babylotsin im ersten Jahr 135 Unterstützungen, in denen sich Mütter und Väter von Kaja Maiwert-Voß beraten ließen und ihre Hilfe in Anspruch nahmen. In den folgenden drei Jahren stieg die Zahl dann auf jährlich über 300 Unterstützungen.

„Als Babylotsin handle ich nach dem Grundsatz: „Erkennen – Klären – Vernetzen“. In den vergangenen vier Jahren haben insgesamt 1.377 Wöchnerinnen unser kostenfreies, niederschwelliges und für Jede zugängliches Angebot genutzt. Dies entspricht ca. 23 Prozent der Geburten hier im GPR Klinikum. Alle Eltern, und vor allem die alleinerziehenden Mütter, die ich unterstützen konnte, haben unser Hilfeangebot und die Vermittlung zu den Frühen Hilfen sehr gerne und dankbar angenommen“, zog Kaja Maiwert-Voß ein Fazit.

Um einen konkreten Bedarf zu ermitteln, werden von den Hebammen gemeinsam mit den Müttern sogenannte Screening-Bögen ausgefüllt, die die persönliche Situation der Mütter widerspiegeln. In 2023 betrug der Rücklauf 89 %, womit das selbstgesteckte Ziel von 80 % deutlich übertroffen wurde. In 57 % der Fälle wird dann eine Beratung durch die Babylotsin in Anspruch genommen. Immerhin 23 % erfordern mehrere Kontakte und gegebenenfalls eine Überleitung zu den „Frühen Hilfen“. In 14 % der Fälle sind aufgrund von komplexen Situationen mehrere Überleitungen erforderlich.

„In 2018 war das GPR Klinikum – neben den Babylotsen aus Frankfurt – erst der zweite hessische Standort mit diesem Angebot. Mittlerweile wird das Programm deutschlandweit in 95 Kliniken und 41 Praxen angeboten. Dort sind 170 Babylotsen und weitere 70 unterstützende Leitungskräfte im Einsatz.

Wir sind natürlich stolz, dass wir erstmalig außerhalb von Frankfurt das Projekt „Babylotse Rüsselsheim“ gemeinsam mit den Frühen Hilfen der Stadt Rüsselsheim als Vorreiter in der Region so erfolgreich etablieren konnten. Die hohe Zahl betreuter Eltern und Mütter zeigt, dass ein großer Bedarf an Beratungstätigkeit und Hilfestellung besteht. Wir freuen uns sehr, dass die Arbeit von Frau Maiwert-Voß hier im GPR Klinikum so großen Anklang findet.“, sagt GPR Geschäftsführer Achim Neyer.

 

Hintergrund

Das Programm „Babylotse“ richtet sich an Familien rund um Schwangerschaft und Geburt und möchte diese dabei unterstützen, – eventuell auch trotz hoher Belastungen im Alltag – für das Kind möglichst gute Entwicklungsmöglichkeiten zu schaffen. Die Teilnahme an dem Programm ist natürlich freiwillig.

Die Stiftung „SeeYou“ hatte das Programm 2007 in Hamburg entwickelt. Das Marienkrankenhaus Hamburg war dort die erste Geburtsklinik mit Babylotsen. Eine wissenschaftliche Begleitung des Forschungsprojekts durch die Universität Hamburg sicherte eine optimale Wirksamkeit für die Klienten.

Im November 2016 hatte die Frühe Hilfen Rüsselsheim gemeinsam mit dem damaligen Chefarzt der Klinik für Kinder- und Jugendmedizin am GPR Klinikum, Herrn Dr. Bernd Zimmer, eine Tandem-Fachtagung des Nationalen Zentrums Frühe Hilfen in Berlin besucht. Dort stellte der Kinderschutzbund Frankfurt am Main eben dieses Projekt „Babylotse“ in Kooperation mit der Stiftung „See You“ vor und überzeugte die Anwesenden. Das GPR Klinikum ist auf Anregung von Dr. Bernd Zimmer und Frau Christina Zalán-Wollrab, an die Stiftung „SeeYou“ herangetreten und hat in einer vertraglich festgelegten Kooperation das Projekt „Babylotse Rüsselsheim“ ins Leben gerufen.

Voraussetzung für eine Arbeit als Babylotsin ist ein abgeschlossenes Studium der Sozialpädagogik, der Sozialen Arbeit, der Pädagogik oder eine vergleichbare Ausbildung. Babylotsinnen sind speziell ausgebildet, um die Bedarfe von jungen Familien zu erkennen und behutsam auf sie einzugehen. Sie kennen sich im sogenannten „Frühe Hilfen–Universum“ der Region gut aus und können Familien so gut dahin lotsen, wo man sie am besten beraten oder unterstützen kann. Dabei kann die Babylotsin schon einige wichtige Tipps zum Leben mit einem neugeborenen Kind geben. Manchmal reicht es ja auch schon, mit einem offenen und geduldigen Menschen zu sprechen und so Klarheit in die oftmals recht verworrene Situation rund um die Geburt eines Kindes zu bringen.